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Erste Stirner-Bilder aus der Türkei
Nietzsche, Stirners Plagiator? |
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Wie Nietzsche und Marx ihren Gegner Stirner bekämpften und warum er sie besiegt hat
Unter dem Titel "Nietzsche, Stirner'in Plagiyatörü mü?" (Nietzsche, Stirners Plagiator?) verfasste ich im März 2004 einen langen und ausführlichen Artikel zur Rezensionsgeschichte von Stirners Hauptwerk Der Einzige und sein Eigentum. Von der Entstehung des Werkes bis zur Gegenwart habe ich die zum größten Teil kurios abgelaufene und in vieler Hinsicht im Dunkeln gebliebene Rezensionsgeschichte detailliert dargestellt. Dabei stellte ich Nietzsches Schweigen zu Stirners Philosophie ins Zentrum der Diskussion. Von Eduard von Hartmans Behauptung Nietzsche habe Stirner plagiert bis hin zu Bend A. Laskas Analyse Nietzsches 'initiale Krise' basiere auf seiner Begegnung mit Stirners Hauptwerk, habe ich die Problematik systematisch diskutiert. Der Text erschien zunächst in der Istanbuler Kultur- und Sciencefiction-Zeitschrift Davetsiz Misafir. Zu meiner Überraschung fertigte ein junger Zeichner, Bora Fer, zwei sehr interessante und gelungene Bilder zu dem Text an. Ein von Nietzsche zum Krüppel geschlagener Stirner wird von ihm auf einem Weg im Rollstuhl gefahren, wobei an der Ecke des Weges Karl Marx mit einem Buch, sicherlich die Deutsche Ideologie, lauert. Dass Marx mit seiner Waffe Stirner auf den Kopf geschlagen hat, sehen wir auf dem zweiten Bild, auf dem Bora Fer, trotz der intriganten und hinterhältigen Spielchen der beiden Philosophen, Stirner als Sieger darstellt. Beide Bilder geben meinen Text vollkommen wieder. Auf Anfrage einiger Leser und Interessenten habe ich zwei gekürzte und lediglich stilistisch leicht geänderte Versionen in zwei anderen Zeitschriften veröffentlicht. Zu erst in Varlik, die meist gelesene türkische Zeitschrift für Literatur und Kultur, dann in Karizma, eine Zeitschrift für Geisteswissenschaften. Beide Zeitschriften druckten auch das von mir übersetzte Vorwort von Stirners Hauptwerk. Noch bevor der Text in Karizma erschien, wurde in der Wochenendbeilage Turkuaz der Tageszeitung Zaman ein ca. drei Seiten umfassender Bericht gedruckt. Der Bericht beinhaltete u. a. Reaktionen einiger türkischer Philosophen und Schriftsteller zu meinem Text. Von den Befragten konzentrierten sich zwei führenden Köpfe der türkischen Gegenwartsphilosophie, beide Nietzscheaner, und ein Feuilletonist (ein Heideggerianer), merkwürdigerweise lediglich auf den Plagiatsvorwurf und lehnten jeglichen Vergleich mit Nietzsche heftig und hitzig ab. Man konnte ihren Zorn und Irritation zwischen den Wörtern erkennen, als seien sie in Brand geraten. Und schließlich warnten sie die Leser mit der Bemerkung, Nietzsche sei der ursprüngliche Philosoph und Stirner ein zweitrangiger. Eine von Karizma geplante Diskussion, zu der sich die genannten Personen argumentativ beteiligen sollten, hat bislang nicht stattgefunden. Obwohl über den Text noch in anderen Tageszeitungen berichtet wurde, hielten sich die anfänglich in Erregung geratene Philosophen merkwürdigerweise zurück. Dies ist eine typische Reaktion von Denkern, die sich in Argumentationsnot befinden und die uns in Deutschland als eine gewöhnliche und traditionelle Haltung bekannt ist. Es kommt aber noch dazu, dass Stirner in der Türkei kaum bekannt ist. Dort existieren seine Schriften noch gar nicht bis auf meine wenigen Übersetzungen. Dies ist mit Sicherheit ein weiterer Grund warum viele Menschen, selbst die, die Stirner auf Englisch oder Französisch gelesen haben, an einer Diskussion nicht teilnehmen. Das Bild, auf dem Stirner Eis essend auf dem Fahrrad sitzt, ist ebenfalls in Davetsiz Misafir erschienen. (Ausgabe Frühling-Sommer 2004) Bora Fer ließ sich dabei von meinem Gedicht 'Meselemi Hiç'e Biraktim'(Ich habe meine Sache auf Nichts gestellt) inspirieren. Ich ließ mich beim Dichten von Salomon, Goethe, Chaijjam und Stirner inspirieren. Das letzte Bild erschien ebenfalls in Davetsiz Misafir zu einem Text von Saul Newman 'Kampf dem Staat: Stirners und Deleuzes' Anarchismus'. (Ausgabe Frühling-Sommer 2004)Der Text und die Bilder sind erschienen in der Zeitschrift ESPERO, Sonderheft Nr. 12, 2004.
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